Forschung

 

Forschungsinteressen

 

  • Psycholinguistik & Sprachdidaktik: Mentales Lexikon, Störungen der mündlichen Sprachproduktion (Versprecher, Pausen, Wortfindungsstörungen), Störungen der schriftlichen Sprachproduktion (Verschreiber, Legasthenie), Zweitspracherwerb, Mehrsprachigkeit, Deutsch als Zweit- und Fremdsprache, Linguistik für die Schule
  • Kognitive Psychologie: Gedächtnis: Lernen, Speichern, Vergessen, Sprache im Alter
  • Klinische Linguistik & Neurolinguistik: Autismus, Aphasien, Alzheimer-Demenz, Mild Cognitive Impairment
  • Phonologie, Graphematik und Orthographie: Silbenphonologie, Phonem-Graphem-Korrespondenzen

 

Promotionsprojekt

 

Oktober 2011 - November 2015: Dissertation an der Goethe-Universität Frankfurt mit dem Titel

 

Das Tip-of-the-Tongue-Phänomen. Zur Rolle der Silbe beim Auflösen von Wortfindungsstörungen

 

Betreuerin: Prof. Dr. Helen Leuninger ( Prof. em. Goethe-Universität Frankfurt / Prof. Hochschule Fresenius Idstein, Bewertung: summa cum laude, Gesamtnote: magna cum laude)

 

Hier kann die Arbeit heruntergeladen werden: Dissertation NJ Sauer

 

Abstract:

 

Das sogenannte Tip-of-the-Tongue-Phänomen bezeichnet einen Zustand, in dem ein gesuchtes Wort nicht abgerufen werden kann, obwohl es im Wortschatz vorhanden ist. Das Wort liegt einem auf der Zunge (TOT, engl. 'on the tip of the tongue'). Der Eintrag des Wortes in unserem mentalen Lexikon ist in jenem Moment etwas verschwommen. Dennoch sind im TOT-Zustand rudimentäre Informationen vorhanden, z. B. die Anzahl der Silben, der initiale Laut oder Buchstabe, semantisch oder phonologisch ähnliche Wörter (Examensarbeit 2008).

In meiner Dissertation (2015) habe ich die Auflösung von TOTs untersucht. Nach einem Pre-Test wurden vier Reaktionszeitmessungen (Pilotstudie I und II, Experiment 1 und 2) durchgeführt und 8.640 TOTs ausgewertet.

 

Dazu wurden am Computerbildschirm Definitionen präsentiert, um TOTs hervorzurufen, z. B. "ständig umlaufender Aufzug ohne Tür" für Paternoster. Die Probanden gaben über die Tastatur an, ob sie das Wort kennen und benennen können (JA), das gesuchte Wort nicht kennen (NEIN) oder es ihnen auf der Zunge liegt (TOT).

Im TOT-Zustand wurde ein Cue (Hilfe) visuell präsentiert. Dabei wurden die Cues isoliert präsentiert und waren nicht in ein anderes Wort eingebettet, um syntaktische und semantische Aspekte auszublenden. Im ersten Experiment wurde einer von drei Cues präsentiert: entweder die korrekte erste Silbe (z. B. Pa), eine inkorrekte Silbe (die erste Silbe eines anderen Wortes, z.B. Ko) oder die Kontrollbedingung (XXX); im zweiten Experiment anstatt der inkorrekten Silbe dann die erweiterte Silbe (die erste Silbe mit dem Segment der nachfolgenden Silbe, z. B. Pat).

 

Im 1. Experiment gab es einen Silben-Cueing-Effekt: Die Präsentation der korrekten erste Silbe hat zur erfolgreichen Auflösung des TOT-Zustands geführt - im Vergleich zu einer inkorrekten Silbe und der Kontrollbedingung. Die Präsentation einer inkorrekten Silbe hat die TOT-Auflösung zwar nicht blockiert (nicht mehr akkurate Antworten), aber gehemmt, d. h. es gab weniger akkurate Antworten und mehr unaufgelöste TOTs.

 

Im 2. Experiment zeigte sich ein segmentaler Überlappungseffekt: Durch die erweiterte Silbe konnte der TOT-Zustand schneller (kürzere Reaktionszeiten) und verstärkter (mehr akkurate Antworten) aufgelöst werden im Vergleich zur regulären Silbe und der Kontrollbedingung. Je größer die segmentale Überlappung zwischen Cue und Zielwort, desto schneller und besser ist die TOT-Auflösung.

 

Die Ergebnisse der Studien unterstützen Sprachproduktionsmodelle, die einen interaktiven Aktivierungsfluss haben und eine Silben-Ebene unterhalb der Phonem-Ebene annehmen.

 

Bitte verwenden Sie folgende DOI zum Zitieren der Arbeit (generiert von ResearchGate):

DOI: 10.13140/RG.2.1.1229.8645